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08. Mai 2024

Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie - scheune Statements

Wir als scheune sind ein Teil des Musikkosmos. Uns ist es gerade deshalb wichtig, einen kritischen Blick auf die Musikindustrie und ihre Strukturen zu werfen und uns dabei auch selbst kritisch zu hinterfragen.

Verschiedene Kolleginnen und Kollegen aus unsere Team geben hier ihre Statements zu diesem Thema ab.

Im Sommer letzten Jahres war der Skandal um die Band Rammstein weltweit in den Medien. Für einen Moment wurde ein Beben in der Musikbranche ausgelöst. Ein knappes Jahr später scheint vieles davon wieder in Vergessenheit geraten zu sein.

Wir wollen, dass wichtige gesellschaftliche Debatten unabhängig von der Frage weitergeführt werden, ob ein bestimmtes Verhalten strafrechtlich relevant ist oder nicht. Wir sind der Meinung, dass es in der Musikbranche eine strukturelle Benachteiligung von FLINTA* gibt, die mit Sexismus, Ausgrenzung, Ignoranz und auch sexueller Gewalt einhergeht. Wir wollen, dass sich daran etwas ändert. Und dabei sind Fälle mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit wie bei Rammstein nur ein Teil des Problems.

Es ist uns bewusst, dass dies anstrengende Arbeit ist. Wir wollen diese Arbeit nicht allein den FLINTA* der Branche überlassen, die meist schon täglich Kämpfe führen. Wir wollen eine Debatte weiterführen, die uns in den letzten Monaten deutlich zu still geworden ist.

Dabei ist es uns auch wichtig uns selbst zu hinterfragen und nach Wegen zu suchen, wie wir in unserem Team, bei unseren Veranstaltungen, in unserem Backstage und auf unserer Bühne eine sichere Atmosphäre der Anerkennung, des Respekts und der Wertschätzung insbesondere für FLINTA* schaffen können.

Gerade an dem Wochenende, an dem Rammstein vier ausverkaufte Konzerte in Dresden spielt, möchten wir die Debatte über Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie noch einmal gezielt anstoßen. In dem Wissen, dass die Probleme nicht nur (aber auch) bei Rammstein liegen, holen wir uns Input der Autor*innen Daniel Drepper und Lena Kampf, die ihr Buch „Row Zero – Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie“ vorstellen und anschließend mit euch und uns ins Gespräch kommen.

Lasst uns gemeinsam darüber austauschen, wie die Musikbranche zu einem Ort ohne Missbrauch und Diskriminierung werden kann.

zur Veranstaltung am 15. Mai und zum Anmeldeformular


Hier folgen fünf individuelle Statements aus unserem Team.


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Als 2023 einige Details zu den Vorwürfen rund um Rammstein öffentlich wurden, schockierte mich am meisten, dass ich eigentlich nicht überrascht war. Glücklicherweise habe ich ein so extremes Gebaren während meines Berufslebens in der Livemusik-Branche selbst bisher nicht miterleben müssen. Und trotzdem meine ich, nachempfinden zu können, auf welche oft subtile Weise sich diese Dinge entwickeln. Schade für ein (Arbeits-)Umfeld, das so viel Inspiration und Empowerment zu bieten hätte.

Romy (sie/ihr)


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Die Unschuldsvermutung gilt für alle! Auch für Männer, denen wiederholt und von verschiedenen Seiten sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden. Wie könnte man das vergessen, wo doch Massen von Fans und plötzlich Rechtsgelehrten nicht müde werden, das immer und immer wieder in Erinnerung rufen?

Bezeichnenderweise sind diese Leute genauso schnell mit der Unterstellung, die Betroffenen von sexueller Gewalt machten ihre Vorwürfe öffentlich, weil sie sich davon einen persönlichen Gewinn versprechen. Wer kennt sie nicht, die Frauen, die in Saus und Braus leben, weil sie falsche Vorwürfe von sexuellen Übergriffen öffentlich gemacht haben?

Ok, Ironie aus:

Mich schockiert es jedes Mal wieder, mit welcher Selbstverständlichkeit es „im Zweifel für den Angeklagten“ heißt, nur um im nächsten Atemzug die Betroffenen als eigentlich schuldig hinzustellen.

- Lennart (er/ihm)


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Ich möchte einen Teil dazu beitragen, dass FLINTA* in der Musikbranche gleichberechtigt arbeiten können.

- Ben (er/ihm)


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„Typen heulen rum, denn die Pimmelparty ist um!“


Sex, Drugs und Rock’n Roll – der große Mythos für den angepassten nine-to-five Mittelschichtler, die Sehnsuchts-Vision des Teenies der als Rockstar groß rauskommen will und das Klischee mit dessen einhergehender Bilderflut auch die letzte traurige Gestalt noch die Chance sieht, ihre 5 Minuten Ruhm nebst etwas Taschengeld ernten zu können.

Seit 25 Jahren organisiere ich Konzerte aller Couleur. Ich begann meine Laufbahn in einem echten Rockerschuppen, wo das Credo quasi in der DNA lag. Natürlich bekommt man da auch unschöne Dinge mit, aber wie sagt der Volksmund so schön: „Das Leben ist zu kurz, um sich mit Idioten abzugeben!“. Insofern war es mir immer wichtig, unangenehmen Situationen keine zweite Chance zu geben, und wenn’s also unbehaglich wurde, dann fand das einfach nicht mehr statt. Wozu auch!?

In der scheune habe ich nun seit vielen Jahren ein Team um mich, was diesen Gedanken sehr Aware verinnerlicht hat, und auch offen darüber spricht. Das fühlt sich als Arbeitsumfeld gut an und birgt die Möglichkeit, ein sehr diverses und offenes Programm zu gestalten, wo eben nicht der eine Rock’n Roll Ego Clown den Ton angibt. Ich finde das in den aktuellen Zeiten, in denen die kulturelle Basis unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens viel zu stiefmütterlich behandelt wird, durchaus wichtig.

Aufgrund der Größe der Projektionsfläche Rammstein und der schieren Macht der mit ihren Inszenierungen einhergehenden Bilder wirkt diese Row Zero Debatte immer etwas fixiert darauf, was ich schade finde, denn es gibt so viele Situationen auf, hinter und vor den Bühnen, wo kein Till Lindemann dabei ist, und die trotzdem einfach nur Panne sind. Als Symbol dafür steht mir mich immer der dumme Spruch „Hab dich mal nicht so!“. Und egal welcher marginalisierten Gruppe man angehört, schön ist es niemals, sich vom Lauteren in die Ecke drücken zu lassen. Insofern finde ich es wichtig, dass diese ganze Diskussion mal aufkam, denn es ist eben auch nicht alles cool im mystischen Bühnennebel. Und die Lesung aus dem Row Zero Buch birgt eine Chance, das ganze Thema abseits von Metaebene und Kommentarspalte auf Social Media aus erster Hand quasi zu reflektieren.

- Frank (er/ihm)


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Der Nebelschleier ist verschwunden.
Es ist eine Entscheidung, diesen Fakt zu ignorieren.


Die Gleichstellung der Geschlechter ist in allen Aspekten des Alltags oft noch nicht ausgewogen.

Persönlich bin ich in einem überwiegend männlichen Umfeld aufgewachsen, als Teenager und als Kind. Es waren meist, oder oft nur, Männer, die mich als Person geformt, inspiriert und beeinflusst haben. Es klingt irgendwie dumm, aber das war mir nicht aufgefallen. Wo waren die Frauen? Was war ihr Platz? Wenn es sie überhaupt gab, wurden sie oft zu Objekten gemacht oder spielten Nebenrollen an den erwarteten Stellen. Dieses Umfeld ist so
normalisiert, wenn man nicht auf das Gegenteil hingewiesen wird.

Jetzt, wo uns das Gegenteil gezeigt wird, ist es vielen von uns Männern ziemlich egal und sie sind einfach nicht in der Stimmung, neue Perspektiven in Betracht zu ziehen, da sie uns auf einem glänzenden Silbertablett serviert werden. Viele Männer scheinen sich nicht mit der Stimme eines anderen Geschlechts außerhalb unserer eigenen zu identifizieren, aber die Zeit ist gekommen, in der eine neue Welle von Stimmen neben der unseren lauter zu sein scheint als je zuvor. Dies ist ein klares Signal. Es sollte nicht auf taube Ohren stoßen.

Es geht mir nicht darum, den Mann aus dem Leben zu streichen, sondern die Frau zu akzeptieren und ihr ihren wohlverdienten Platz auf der gleichen Bühne zu geben, gleichberechtigt mit dem Mann.

Zuerst dachte ich, das würde schwierig sein, aber es war gar nicht so schwierig. Ich habe einfach die männliche Lautstärke, die mich in allen Frequenzen des täglichen Lebens umgab, gedämpft, damit sich die weiblichen Klänge enthüllten. Und ja, ich habe es gefunden.
Sie ist genau da.

Was werden wir streamen? Wem werden wir zuhören? Welcher Vibe bekommt unsere Aufmerksamkeit und damit unsere Unterstützung? Ich kann sagen, dass mein Leben bunter, weniger maskulin, weniger verrückt, weniger aggressiv und weniger strafend geworden ist, seit ich auf dieser Reise bin. Im Gegenzug gibt es jetzt mehr Raum für Freundlichkeit, Sanftheit, Sinnlichkeit, Freude und ein breiteres Gefühl von Verständnis. Die menschliche Palette hat sich geweitet.

Versuch es mal und überprüfe es mit deiner eigenen Sammlung von Büchern, Kunst, Filme, Fernsehserien, Musik... alles, was du siehst, hörst, konsumierst... wie ist eigentlich das Gleichgewicht zwischen den Geschlechtern bei der Auswahl, dem Einfluss und der Inspiration in deinem Leben? Wie ist der Ton dieser männlichen Künstler in deinem Leben? Sind sie böse? Sind sie freundlich? Sind sie pervers? Was sagen und repräsentieren sie? Dient es dir auf positive Weise? Schau es mal an, du wirst vielleicht überrascht sein, was du findest.

Natürlich lässt sich das Thema der Gleichstellung der Geschlechter auf weitere Bereiche ausdehnen, wie Herkunft und Hautfarbe, Rassismus, LGBTQ+ und andere marginalisierte Gruppen.

Mir ist klar, dass wir Männer, wenn wir wollen und wenn es uns wichtig ist, in der Lage sind, uns selbst zu betrachten und uns einzugestehen, dass wir im Prinzip in einer sehr gemütlichen Blase leben, die unseren Bedürfnissen und Wünschen gerecht wird, aber dass wir eigentlich unser Bewusstsein noch ein bisschen weiter ausdehnen wollen sollten. Wir haben noch eine Menge auszugleichen. Und ja, das ist Arbeit, es kostet etwas Mühe... aber es liegt direkt vor uns, völlig in unserer Reichweite.

Eine Steigerung der Lebens(e)qualität wird uns gut tun, wenn wir es zulassen. Es lohnt sich sehr.

- Levi (er/ihm)


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