Geschichte

10. Dezember 2021
Ausstellung anlässlich 60 Jahre scheune (2011)

Projekt „Kulturpolitische Spurensuche“

Der scheune e.V. hat das Veranstaltungshaus scheune zum 1.1.2007 übernommen. Davor wurde es durch die Kommune selber betrieben. Dieser Neuanfang war der Auslöser sich mit der Geschichte des markanten Gebäudes zu beschäftigen.

Dabei sollte sowohl in die Anfänge in den 50er-Jahren geblickt werden, als auch in die jüngere Vergangenheit der Vor- und Nachwendeperiode. Aus eigener Kraft jedoch hätte der Kulturverein diese Aufgabe nicht angehen können, so dass die Partnerschaft mit der QAD (Qualifizierungs- und Arbeitsförderungsgesellschaft) hier überhaupt den Weg für diese Untersuchung und Auseinandersetzung mit der Historie ermöglichte. Aus dieser Zusammenarbeit ist schließlich die Ausstellung „Kulturpolitische Spurensuche“ (Download) entstanden, die 2011 anlässlich des 60-jährigen scheune-Jubiläums präsentiert wurde.

Zuletzt arbeiteten zwei Maßnahmeteilnehmer an diesem Projekt. Die Hauptfragestellung, neben einer Erfassung der Chronologie und der wechselvollen Kulturarbeit durch die Jahrzehnte, war das Herausfinden, wie es jeweils zu programmatischer Ausrichtung kam. Wurde es von oben, das heißt durch die FDJ oder den Rat der Stadt initiiert? Und was machten die Mitarbeiter vor Ort, die Künstler:innen, Jugendlichen und das Publikum daraus? Oder kamen die Trends von unten und wurden durch die Kulturpolitik aufgegriffen und staatstragend integriert? Dieser Kulturpolitischen Leitfrage ist das Projekt auf der Spur gewesen.

Die Basis der Geschichtsforschung lag in Recherchen in Stadt- und Staatsarchiven. Leider sind aus bestimmten Zeitepochen keine oder kaum Unterlagen zu finden, so dass für Informationen von 1951 bis 1980 vorrangig Zeitzeug:innen zur Verfügung standen. Insgesamt wurden mehr als 20 Zeitzeug:innen interviewt, teilweise entstanden dabei Filmprotokolle, die zu einem Zusammenschnitt verwendet werden konnten. Einige ehemalige Mitarbeiter:innen konnten über Veröffentlichungen in der Presse, andere über private Vermittlung gefunden werden. Bildmaterial erhielten wir von Zeitzeug:innen und aus der Fotothek. Politische Zusammenhänge waren auch durch Literaturstudien und die Analyse alter Gesetzblätter möglich. Bei einer Weihnachtsfeier 2008 für die Zeitzeug:innen in der scheune konnten wir uns mit einer kleinen Ausstellung und einem Kurzfilm von 1955 für die freundliche Mithilfe bedanken.

Beim „Dresdner Geschichtsmarkt“ 2011 waren wir mit einer erweiterten Exposition vertreten und konnten auch hier neue Kontakte knüpfen. Dazu gab es einen kurzen Vortrag des Geschäftsführers der scheune, Magnus Hecht, über die Ergebnisse des Projektes.

Einige Ergebnisse im Überblick:


In der Nachkriegszeit rotteten sich viele Jugendliche auf Straßen und Plätzen zusammen. Es gab kaum Lehrstellen. Es herrschte Armut, Hunger und mehrere Familien mussten sich eine Wohnung teilen.

Um die Jugend auf den richtigen Weg zu führen und von der Straße zu bekommen, wurde das „Gesetz zur Förderung der Jugend“ in der DDR verabschiedet, in dem u.a. der Neubau von Jugendhäusern verankert war. So wurde auf den Grundmauern der durch den Krieg zerstörten Turnhalle des „Turnvereins der Neu- und Antonstadt“, in der Erich Kästner als Kind Sport trieb, ein Jugendheim errichtet. Am 21.12.1951 erfolgte die Namensweihe.

Im Jugendheim „Martin Andersen Nexö“ konnten die Jugendlichen nicht nur Tischtennis spielen, Bücher lesen oder Filme ansehen, sondern sich aktiv im Näh- Mal-, Foto- oder Kochzirkel betätigen. Es fanden Gespräche mit Vertretern aus Politik und Wirtschaft statt.

Bis Ende der 70er Jahre wurden im Haus „Junge Talente“ gefördert, das Ensemble mit seinem „Hans Eisler Programm“ und der „Tanzkreis“ hatten republikweite Auftritte und wurden mit hohen Auszeichnungen geehrt. Für viele bekannte Künstler war dieses Haus das Sprungbrett für ihre spätere Karriere. In den späteren Jahren avancierte das Jugendklubhaus durch Personalwechsel und andere Umständen zu einem Vorzeigeobjekt der modernen Kunst und Kultur.

Es wurde zu einem der wenigen Orte in Dresden, in denen Subkultur erlebbar war. Nach den Wirren der Wende und einem aufwendigen Umbau 1994 schrieb der Stadtrat das Haus 2005 aus und der „Scheune e.V.“ erhielt den Zuschlag für die Betreiberschaft.

Projektbearbeiter:innen: Ulrike Neidel und Hansheinrich Haewischer

Foto: Höhne, Erich & Pohl, Erich: Dresden, Neustadt, Alaunstraße. Jugendheim „Martin Andersen-Nexö“, Neubau, 1951, Eigentümer: SLUB / Deutsche Fotothek

↓ Hier ein Teaser mit Magnus Hecht, der 2011 anlässlich der Ausstellung gedreht wurde.

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