Geschichte

06. Dezember 2021

70 Jahre scheune

Wir begeben uns auf Spurensuche in die bewegte Geschichte unseres Hauses. Unser Mitarbeiter Ole ist Anfang des Jahres in die Archive gegangen und hat einiges gefunden – auch viele Leerstellen.

Die scheune. Kunst, Kultur und Konzerte seit 1951. Aber kaum Bilder in den hauseigenen Ablagen, die einen Blick auf die immerhin siebzigjährige Geschichte des Hauses bieten. Besonders Szenen aus dem Inneren, aus dem Konzertsaal und von der Bühne, scheinen rar.

Hier könnte das Neustadt-Archiv helfen – dachte ich. Also auf! Im Stadtteilhaus beherbergt ein kleiner Raum die jüngere Geschichte der Dresdner Neustadt. Aber auch hier finden sich nur wenige Bilder der gesuchten Art. Dafür jede Menge Unterlagen mit Bezug zur scheune. Wie hoch waren die Baukosten des Hauses, damals fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs?

Antwort: Hundertpaarundfünzigtausend Deutsche Mark. Lohnkosten extra. Nächster Zettel, eine Auflistung des Materials, um den Bau zu stemmen. Holz, Sand und so weiter. Ziegel kostenlos, die mussten nur noch geputzt werden. Jugend bau auf! Die Benennung scheune fußt der Legende nach auf Walter Ulbricht. Sein Satz hallt bis heute nach. „Niemand hat die Absicht eine scheune zu bauen!“. Hat er so nie gesagt, aber in typisch ulbrichtscher Diktion könnte es gut geklungen haben. Einer anderen Anekdeote zufolge soll er gesagt haben: „Dieser Scheune gebe ich meinen Namen nicht“. Deshalb musste wohl Martin Andersen Nexö als Namenspatron herhalten.

Vermutung! Fakt ist: Urkunden aus verstrichenen Dekaden verkünden ein „Ausgezeichnetes Kulturhaus“. Das war das Gebäude an der Alaunstrasse damals – das ist es noch immer. Erst 1994 wird per Brief an die Telekom um einen Telefonbucheintrag als scheune gebeten. Bis dahin firmierte man ebenda unter „Zentraler Klub der Jugend und Sportler Martin Andersen Nexö“. Früher mal FDJ-Kulturhaus, Heimat von Nähzirkel und Jugendtanz, wo es des Winters schon mal ein Sommerfest gab. Spannend wird es laut archivierter Anzeige im Jahr 2002 mit polizeilichen Ermittlungen wegen einer gestohlenen Toilettenpapierhalterung aus Metall. Mensch, was hier nicht alles im Magazin schlummert. Zum Beispiel auch ganze Jahrgänge an monatlichen Veranstaltungsplänen.

Sorgfältig ist notiert, wer wann auf der Bühne stand. Und plötzlich sind die Bilder da.

Frühjahr 86. Ich sehe mich an einem der Fenster oben vorm Saal stehen. Barocktintengrünes Haar, ranzige Lederjacke, handbemalte Arbeitsstiefel zur russischen Soldatenhose. Drinnen spielen Feeling B. Draußen quatsche ich mit einem Typen aus der Oberlausitz. Wie ich, ist er wegen der „anderen Bands“ – damals Spezialität des Hauses – in der scheune. Und bald bildet er mit mir eine Band. Die Combo kam nie über ein Demotape und einige wilde Konzerte hinaus. Für meine Vita war sie jedoch maßgeblich. Und somit liegt einer der Hauptkreuzungspunkte meines Lebensweges wohl im ersten Stock der scheune.

Siehe da! Als ich die gewonnene Erkenntnis im Archiv teile, sprudeln die Geschichten. Persönliche Geschichten. Die vom „Klofenster ins Glück“ – der inoffizielle Zugang zum oft ausverkauften Konzert. Die vom Ausruf der BRN oder vom Abschied der Ostmark. Die vom Musiker, der später Schauspieler wurde. Die von der Party mit Kamel und Schlüpfer. Die von der Vereinsgründung. Außerdem natürlich Geschichten von diesem legendären Konzert und jenem mit geringer Besucherdichte.Wobei die seinerzeit nur von wenigen goutierte Band heute Stadien füllt. Es sind hunderte Geschichten, es sind tausende Bilder. Nur eben nicht auf Fotopapier.

Die scheune liegt im Herzen der Neustadt. Und ähnlich wie bei mir lag und liegt sie wohl an vielen Lebenswegen. Das ist auch nicht verwunderlich. Siebzig Jahre mittendrin müssen Relevanz haben. In diesem Sinne: Alles Gute, altes Haus. Mögest du auch für die nächsten Generationen wichtig und eine Wegmarke sein.

Herzlich, dein Ole.
Olaf Hornuf – Koordination & Verwaltung Vorplatz

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!!! WIR SUCHEN BILDER !!!
aus den letzten Jahren 70 Jahren scheune

Vielleicht könnt ihr uns ja helfen, die Lücken zu füllen. Ihr seid eingeladen Fotos eure besonderen scheune-Momenten mit uns zu teilen. Vielleicht sind es auch nur Geschichten und Erinnerungen, die ihr gern nochmal Revue passieren lassen wollt. Wer mitmachen will, kann uns eine Mail an info@scheune.org schreiben oder ihr postet eure Beiträge direkt in unsere Facebook-Gruppe „scheune Dresden – History“.

Foto: Jugendheim „Martin Andersen Nexö“ 1977 von Reinecke, Hans (SLUB Dresden / Deutsche Fotothek)

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